Neues Barrierefreiheitsstärkungsgesetz ab 2025 – Eine Chance für Versicherer?
Der Versicherungsbranche steht eine bedeutende Veränderung durch das bevorstehende Inkrafttreten des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (kurz BFSG) hervor. Das neue Gesetz hat Potenzial, die Art und Weise, wie Versicherer ihre digitalen Dienstleistungen gestalten und anbieten, maßgeblich zu beeinflussen. Welche Auswirkungen hat das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz für Versicherungsunternehmen? Und welche Chancen ergeben sich aus dem Gesetz?
Das neue BSFG verpflichtet Versicherer und Unternehmen zu verstärkter Barrierefreiheit in digitalen Angeboten. Dieses Gesetz birgt die Chance, den Zugang zu Versicherungsleistungen und Produkte für alle zu verbessern. Durch proaktive Umsetzung können Versicherer mehr als nur den gesetzlichen Anforderungen genügen, sondern auch zur Inklusion beitragen und sich einen Wettbewerbsvorteil sichern. Agilität und Innovationskraft sind ein entscheidender Schritt, um Versicherer in einer zukunftsorientierten digitalen Welt auf das nächste Level zu bringen.
Hintergrund des Gesetzes:
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz, oder BFSG, wurde am 20. Mai 2021 vom Bundestag verabschiedet. Das Hauptziel des Gesetzes ist, die Barrierefreiheit von digitalen Produkten und Dienstleistungen in Deutschland zu stärken und somit einen inklusiveren Zugang für alle Nutzer und Nutzerinnen zu ermöglichen. Diese Initiative geht aus der EU-Richtlinie 2019/882 über barrierefreies Webdesign und den Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen hervor, an welche sich die Länder bzw. alle Unternehmen innerhalb der Europäischen Union halten müssen.
Ab wann gilt das Barrierefreiheits-stärkungsgesetz und warum ist es wichtig?
Das Gesetz tritt offizielle am 28. Juni 2025 in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt müssen alle neuen digitalen Produkte und Dienstleistungen, die z. B. von Versicherern angeboten werden, den festgelegten Barrierefreiheitsanforderungen entsprechen. Dies erfolgt, um sicherzustellen, dass alle Menschen gleichermaßen im digitalen Raum die Dienstleistungen nutzen und davon profitieren können. Als Zweck dieser neuen Rechtlinie sieht die EU
„einen Beitrag zum reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts zu leisten, indem insbesondere durch unterschiedliche Barrierefreiheitsanforderungen in den Mitgliedstaaten bedingte Hindernisse für den freien Verkehr von Produkten und Dienstleistungen, die Gegenstand dieser Richtlinie sind, beseitigt werden bzw. die Errichtung derartiger Hindernisse verhindert wird.“ (Artikel 1 des European Accessibility Acts)

Barrierefreiheit und die Chancen für die Versicherungsbranche:
Für Versicherer bedeutet das neue Gesetz, dass sowohl ihre Online-Plattformen als auch ihre digitalen Angebote barrierefrei gestaltet sein müssen. Egal, ob es um den Zugang zu Versicherungsprodukten, die Nutzung von Online-Dienstleistungen oder die Kommunikation mit Kunden und Kundinnen geht – Barrierefreiheit steht im Mittelpunkt.
Das bringt nicht nur Verpflichtungen mit sich, sondern eröffnet auch neue Chancen für Versicherer, die diese Entwicklungen proaktiv angehen. Das Barrierefreiheitsgesetz öffnet für Versicherer ein großes Spektrum an neuen Möglichkeiten. Indem sie Onlineplattformen ohne Hürden zugänglich machen, können sie ihre Produkte einem viel breiteren Publikum vorstellen. Es geht also nicht nur darum, Regeln zu befolgen, sondern dafür zu sorgen, dass alle Menschen die gleichen Chancen haben, Versicherungen abzuschließen.
Barrierefreiheitsmaßnahmen einzubauen, auch über den neuen Standard hinaus, zeigt nicht nur eine inklusive Haltung, sondern bringt auch frischen Wind in die Markenwelt und Außenansicht von Versicherungsunternehmen in Deutschland. Mehr Barrierefreiheit bedeutet grundlegend eine positivere Stimmung rund um die Marke und eine festere Bindung der Kunden - so profitieren auch Menschen ohne Einschränkungen von augenfreundlichen Farbkontrasten, einfacher Sprache oder einer Vorlesefunktion ihren mobilen Endgeräten. Neue Technologien oder clevere Designideen können nicht nur Barrierefreiheit, sondern auch die gesamte Nutzererfahrung im Web auf das nächste Level bringen - ein klarer Wettbewerbsvorteil.
Umsetzung und Überwachung des Barrierefreiheits-stärkungsgesetzes
Die Umsetzung des Barrierefreiheitsgesetzes erfordert, dass Versicherer also selbst in die Verantwortung gehen. Sowohl intern entwickelte Funktionen, aber auch Lösungen über Drittanbieter müssen den Barrierefreiheitsanforderungen entsprechen. Hierbei ist eine gute Zusammenarbeit mit den Drittanbietern sehr wichtig. Bei zukünftigen Zusammenarbeiten ist der Ausbau der Barrierefreiheit also schon im Vorhinein ein wichtiger Punkt, gerade auch bei Websites, um das Endprodukt nach den neuen Standards auf den Markt zu bringen.
Laut Richtlinie sind alle Websitebetreiber selbst verantwortlich für die Einhaltung des neuen Gesetzes.
Was muss beachtet werden?
Grundsätzlich zeichnet sich aus dem Gesetz ab, dass eine Wahrnehmung immer über mindestens zwei Sinne möglich sein muss:
- die Informationen müssen in mehr als einem sensorischen Kanal zur Verfügung stehen. Das heißt beispielsweise, dass Texte auch von Software vorgelesen werden kann.
- die Informationen müssen für Personen mit eingeschränkter Sehkraft verständlich sein. Dies betrifft vor allem die Größe der Schriften sowie die Kontraste.
Bei Verstößen gegen die Vorschriften kann es teuer werden. Betroffene Verbraucher können sich selbst an die Marktüberwachungsbehörde (in den Bundesländern) wenden, wenn sie einen Verstoß gegen die Vorschriften des BFSG geltend machen wollen. Auch nach Behindertengleichstellungsgesetz anerkannten Verbänden und Einrichtungen steht dieses Recht eigenständig zu.
Schließlich können auch Mitbewerber im Wege der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung gegen Verstöße vorgehen. In diesem Falle droht Unterlassung und Schadensersatz.
Werden die Erfordernisse der Barrierefreiheit nicht erfüllt, kann die Marktüberwachungsbehörde anordnen, das betroffene Produkt oder die Dienstleitung zurückzurufen bzw. einzustellen. Darüber hinaus drohen Bußgelder von bis zu 100.0000 Euro.

Juristische Perspektive
Das BFSG bezieht sich auf die europäische Norm EN 301 549, die spezifische Anforderungen an die Barrierefreiheit von Informations- und Kommunikationstechnologien festlegt. Die Umsetzung dieser Norm ist für die zukünftige Produkt- und Websiteentwicklung also unumgänglich. Es dient zunächst dem Zweck, das Interesse von Verbrauchern und Verbraucherinnen an Barrierefreiheit durchzusetzen. Betroffen sind also in der Regel Produkte und Dienstleistungen, die sich an den Verbraucher richten. Das beinhaltet zunächst den gesamten B2C Bereich, wobei davon auszugehen ist, dass der B2B Bereich nicht weniger unter das BFSG fällt.
Das BSFG verlangt außerdem, dass Websitebetreiber eine Kontaktmöglichkeit bereitstellen, über die Nutzer und Nutzerinnen vorhandene Barrieren melden können. Der offene Kommunikationskanal soll es Menschen ermöglichen, mögliche Schwierigkeiten direkt beim Anbieter zu melden.
Für einige Produkte und Dienstleistungen gibt es jedoch Übergangsbestimmungen, nach denen die Barrierefreiheitsanforderungen erst zu einem späteren Zeitpunkt erfüllt sein müssen. Sie sind unter § 38 BFSG nachzulesen. So gibt es für bestimmte Dienstleistungen eine Übergangsfrist von fünf Jahren.
Fazit
Insgesamt bedeutet das neue BSFG für Versicherer und Unternehmen eine verstärkte Verpflichtung zur Barrierefreiheit in ihren digitalen Angeboten. Es eröffnet zudem die Chance, den Zugang zu Versicherungsleistungen für alle Menschen zu verbessern. Durch eine proaktive und transparente Umsetzung können Versicherer dafür sorgen, dass sie nicht nur den gesetzlichen Anforderungen einhalten, sondern auch einen positiven Beitrag zur Inklusion leisten und sich so einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.
Barrierefreiheit ist eben nicht nur eine vorgegebene Pflicht, sondern ein Schritt in eine zukunftsorientierte digitale Welt. Unternehmen, die zukünftig Barrierefreiheit als festen Bestandteil ihrer Online-Strategie sehen, legen eine Grundlage für die Zukunft. Das hilft nicht nur, sich auf künftige gesetzliche Änderungen vorzubereiten, sondern gibt neue Ideen für mehr Agilität und Innovationskraft.
2024 und 2025 werden zeigen, wie sich die Branche auf diese Veränderungen einstellt und wer sich als Vorreiter im Thema Barrierefreiheit zeigt.
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Quellen:
Portal Barrierefreiheit
Bundesministerium für Arbeit und Soziales