Verantwortung, Einfachheit und Nachhaltigkeit
Nachhaltiges Handeln ist in der Versicherungsbranche genauso relevant wie im gesamtgesellschaftlichen Kontext. Andy Wenk, unser Spezialist für Softwareentwicklung, eröffnet eine ganz neue Perspektive auf Nachhaltigkeit. Es geht um Selbstverantwortung, den einfachen Weg und die kleinen Entscheidungen, die schließlich zu nachhaltigem Handeln führen. In seiner Keynote bei der Ruby UnConf 2023 hat Andy diese Sicht für die Softwareentwicklung aufgemacht. Dieser Artikel ist die Essenz dieser Keynote und fasst Andys Gedanken zu dem Thema zusammen.
Verantwortung
Wir alle tragen Responsibility (Verantwortung) in uns. Dabei hat jeder Mensch die Fähigkeit, das eigene Können und die möglichen Folgen von Entscheidungen abzuwägen und mit dem Bewusstsein darüber zu leben. Das eigene Handeln führt dabei maßgeblich zu Veränderungen in unserer direkten und persönlichen Umwelt. Wir glauben: Wenn jeder Mensch für sich und seine Umwelt die Verantwortung in sich trägt etwas Gutes zu tun, dann kämen wir ein ganzes Stück weiter.
Wir alle haben “kleinere” und “größere” Verantwortungen, die wir tragen. Manche tragen Verantwortung für ihr Haustier, manche für ihre kleinen Geschwister und ganz andere Menschen für z.B. die Datensicherheit eines ganzen Unternehmens. Verantwortung geht von der persönlichen Ebene über die berufliche bis hin zu übergeordneten Verantwortungen. Eine dieser übergeordneten Verantwortungen ist unsere Umwelt, für die ein jeder Einzelner und jede Einzelne verantwortlich ist. Dabei sollte sich niemand in der Pflicht fühlen für alles verantwortlich zu sein, aber jeder und jede trägt eine kleine “Teil-Verantwortlichkeit” in sich bei den Dingen, bei denen das eigene Handeln etwas bewirken kann.
Wir alle tun (hoffentlich) Dinge, die wir lieben, sowohl privat als auch beruflich. Wir bei You Are We lieben z.B. digitales Marketing, Design Sprints und Zukunftstechnologien. Wir tragen dabei sowohl Verantwortung für unsere Kunden als auch für uns selbst, in dem wir Dinge so anpacken, wie wir es für gut und richtig halten. Zum Beispiel tragen wir Verantwortung für unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und die Menschen, die uns umgeben. Da geht es um Faktoren wie Diversität, das gegenseitige Unterstützen, Orientierungshilfe oder auch Inklusivität. So wie wir diese Aspekte nach innen ausüben, geben wir sie auch nach außen weiter.
Bei You Are We arbeiten wir außerdem viel mit verschiedenen künstlichen Intelligenzen. Dabei sind wir in der Verantwortung mit diesen ethisch und moralisch korrekt umzugehen. Hier ist das Stichwort “algorithmic discrimination”. Das bezieht sich darauf, dass algorithmische Systeme oder AI-Modelle unbeabsichtigt oder absichtlich unfair oder diskriminierend sein können. Aufgrund von systematischer Voreingenommenheit in den Eingangsdaten oder bei der Modellbildung werden bestimmte Gruppen benachteiligt bzw. bevorzugt. Dies kann zu ungerechten Ergebnissen führen, indem bestimmte Bevölkerungsgruppen, wie zum Beispiel Minderheiten, Frauen oder Menschen mit niedrigem Einkommen, benachteiligt werden.
Ein Hauptgrund für algorithmische Diskriminierung ist der Einsatz von Trainingsdaten, die bereits Vorurteile oder Ungleichheiten enthalten. Wenn ein Algorithmus auf der Grundlage solcher Daten trainiert wird, kann er diese Muster aufgreifen und in seinen Entscheidungen verstärken. Zum Beispiel könnten Bewerbungsunterlagen aus der Vergangenheit ungleich behandelt worden sein, sodass ein Algorithmus aufgrund dieser Daten bestimmte Gruppen von Bewerbern systematisch benachteiligt.
Ein weiterer Faktor ist die Art und Weise, wie die Algorithmen entwickelt und optimiert werden. Wenn die Zielsetzung oder die verwendeten Metriken nicht angemessen festgelegt sind, kann dies zu diskriminierenden Ergebnissen führen. Ein Beispiel dafür wäre, wenn ein Algorithmus so optimiert wird, dass er die Genauigkeit insgesamt maximiert, ohne auf die Fairness oder Gleichbehandlung der einzelnen Gruppen zu achten. Daher fordert es von uns ein, dass wir uns ethische, rechtliche und soziale Fragen dazu stellen. Ohne vorher sicherzustellen, dass die AI fair und gerecht ist, können wir keine Verantwortung für sie übernehmen.
Das gleiche gilt für all unsere Prozesse und Arbeitsstrukturen. Die Infrastruktur in unserem Unternehmen sollte fair, gerecht und vor allem Nachhaltigkeit gegenüber uns und der Umwelt sein. Um dies zu erreichen ist es von großer Bedeutung, dass wir uns intensiv damit auseinandersetzen, wie viele verschiedene Programme und Ressourcen wir tatsächlich benötigen. Indem wir diese Fragestellung angehen, können wir unsere Umweltauswirkungen minimieren und nachhaltigere Praktiken fördern. Brauchen wir wirklich eine Cloud für jedes Programm? Gibt es vielleicht Infrastrukturen oder nützliche Tools, die mehrere Systeme zu einem zusammenschließen? Denn jedes Programm, jede Nachricht und jedes Gerät, welches wir nutzen braucht Energie bzw. Strom, um zu funktionieren. Im besten Fall haben diese Überlegungen nicht nur positive Effekte auf die Umwelt, sondern auch auf das Finanzergebnis.
Siehe das Beispiel des Dänen David Heinemeier Hansson. Bei dem Unternehmen “Basecamp”
kritisiert er in seinem Blog die Nutzung der Cloud für mittelständische
Unternehmen. Er betont, dass die erhofften Einsparungen durch geringere
Komplexität bei Basecamp nie eingetreten sind.
Hansson nennt zwei
Gründe, warum die Cloud sinnvoll sein kann: die Reduzierung von
Komplexität bei einfachen Anwendungen und die Bewältigung unregelmäßiger
oder stark schwankender Lastspitzen. Aber er kritisiert eben die hohen
Kosten für Cloud-Dienste und die horenden Gewinne der Cloud-Anbieter.
Hansson plädiert dafür, eigene Server zu betreiben und die
“Marketing-Sprüche” der Cloud-Anbieter kritisch zu hinterfragen. Er
betont dabei vor allem die Bedeutung einer dezentralen und unabhängigen
Internetinfrastruktur.
Generell sollten Unternehmen eine umfassende Bestandsaufnahme durchführen, um zu ermitteln, welche Ressourcen sie derzeit nutzen und in welchem Maße diese zur Umweltbelastung beitragen. Durch die Identifizierung von Einsparungsmöglichkeiten und die Implementierung effizienterer Prozesse können Unternehmen ihren Energie- und Ressourcenverbrauch reduzieren. Zudem sollten alternative Optionen in Betracht gezogen werden, wie beispielsweise erneuerbare Energien, Recycling-Programme und umweltfreundlichere Beschaffungsstrategien. Indem wir intern über den Umfang und die Art unserer Programme und Ressourcen nachdenken, können wir aktiv dazu beitragen, den CO2-Fußabdruck zu minimieren und eine nachhaltigere Zukunft zu gestalten.
Einfachheit
Im digitalen Raum gibt es viele Menschen, die Komplexität lieben. Darunter fallen vor allem Programmierer, Data Analysts oder auch Designer. Viele davon haben ein großes Problem: Sie nutzen zu viele Programme, die alle ungefähr das gleiche können oder machen, die wir eigentlich gar nicht benötigen oder sogar unnötige Programme, die wir durch einfach kleine selbst erstellte Programme oder durch bereits vorhandene Tools ersetzen könnten.
Stephan Schmidt hat deswegen eine neue Herangehensweise ins Leben gerufen: “Radical Simplicity “ (Radikale Einfachheit). Damit möchte er darauf aufmerksam machen, dass komplexe Anwendungsbereiche und Technologiestacks vermieden und Arbeiter und Arbeiterinnen stattdessen auf ein Minimum an Komponenten setzen sollten.
Das Ziel ist es, so wenige Komponenten wie möglich zu nutzen und bestehende Technologien effizient wiederzuverwenden. Durch die zunehmende Komplexität moderner Anwendungen und Programmen, die durch den Einsatz verschiedener Frameworks, Technologien und Tools entsteht, verlangsamt sie nämlich den Entwicklungsprozess. Anstatt viele separate Tools und Systeme einzusetzen, sollten wenige, aber bewährte Technologien verwendet werden. Dies ermöglicht im besten Fall tiefere Kenntnisse, schnellere Entwicklung, einfachere Einarbeitung neuer Mitarbeiter sowie insgesamt mehr Zufriedenheit.
Ein Beispiel für Radical Simplicity im Bereich von Programmen ist das Textverarbeitungsprogramm "Scribble" von John Gruber. Scribble ist ein minimalistisches Texteditor-Programm, das bewusst auf überflüssige Funktionen und Komplexität verzichtet. Es bietet eine einfache Benutzeroberfläche mit nur den grundlegenden Formatierungsmöglichkeiten und ermöglicht es den Benutzern und Benutzerinnen, sich auf das Schreiben zu konzentrieren, ohne von unnötigen Funktionen abgelenkt zu werden.
Ein weiteres Beispiel ist die Vereinfachung der Organisationsstruktur. Hierbei geht es darum, Hierarchien und bürokratische Strukturen zu reduzieren, um Entscheidungswege zu verkürzen und die Zusammenarbeit zu verbessern. Unternehmen können flachere Hierarchien einführen, Teams befähigen, eigenständige Entscheidungen zu treffen und Kommunikationswege vereinfachen. Dies führt dann zu einer agileren Organisation, in der Innovation und Anpassungsfähigkeit gefördert werden.
Schlussendlich soll Radical Simplicity zu schnellerer Feature-Entwicklung, geringerem Ressourcenbedarf, höherer Anpassungsfähigkeit und einem höheren Erfolgsrisiko für Unternehmen führen.
Nachhaltigkeit
Responsibility und Simplicity sind also wichtige Komponenten in unserer alltäglichen Umgebung. Jetzt kombinieren wir diese beiden Dinge, um Sustainability (Nachhaltigkeit) herbeizuführen.
Zunächst haben wir schon folgende Dinge gelernt:
- Die Verwendung vieler Tools erfordert den Einsatz vieler Server oder Dienste. Dies bedeutet hohe Kosten und Energieverbrauch.
- Die Entwicklung und das Benutzen von komplexer Software brauchen viel länger. Dies bedeutet höhere Kosten und Energieverbrauch.
- Wir tragen die Verantwortung gegenüber der Umwelt eine faire, gerechte und vor allem nachhaltige Infrastruktur in unserem Unternehmen zu etablieren.
Daraus ergeben sich für uns verschiedene Aufgaben:
Unter anderem der verantwortungsbewusste Umgang mit Ressourcen. Indem wir das Ziel der Simplicity erreichen, wollen wir Dinge auf nachhaltige Weise schaffen.
Wir möchten in einer Welt leben, in der es sich auch lohnt zu leben. Dafür etablieren wir eine nachhaltige Infrastruktur in unserem Unternehmen und gehen verantwortungsbewusst mit unseren Ressourcen um. Außerdem verfolgen wir das Ziel der Simplicity und streben danach, zu komplexe Softwarelösungen zu vermeiden, die Zeit- und Ressourcenverschwendung bedeuten. Statt eine Vielzahl von Tools und Diensten zu verwenden, konzentrieren wir uns darauf, effiziente und effektive Lösungen zu entwickeln, die mit minimalen Ressourcen auskommen.
Darüber hinaus erkennen wir die Bedeutung der umweltfreundlichen Nutzung von Technologien wie Machine Learning und künstlicher Intelligenz. Während das Training von AI-Modellen viel Energie verbraucht, setzen wir auf eine bewusste Modellauswahl und -optimierung, um den Energieverbrauch zu minimieren und gleichzeitig effektive Lösungen zu bieten.
Insgesamt verstehen wir die Dringlichkeit, nachhaltige Praktiken in unserer Unternehmenskultur zu verankern. Indem wir verantwortungsbewusst mit Ressourcen umgehen, Simplicity und Responsibility als Leitprinzip verfolgen und auf umweltfreundliche Technologien achten, können wir dazu beitragen, eine positive Auswirkung auf die Umwelt zu erzielen und gleichzeitig effiziente und nachhaltige Lösungen zu schaffen die zu einem ganzheitlichen Erfolg führen.
Bildquellen: "Ruby Unconf"