Wie Insurtechs die Versicherungs-Branche auf den Kopf stellen
Sie sind jung. Sie sind digital. Sie sind gekommen, um die Versicherungsbranche aufzumischen: Insurtechs. Ebenso spannend wie ihre neuen Produkte sind die innovativen Vertriebswege, mit denen sie milliardenschweren und über Jahrzehnte etablierten Versicherern Konkurrenz machen. Wie funktioniert das – und warum? Erfahre dazu mehr in diesem Blog.
Was sind Insurtechs?
Anfangs belächelt, haben sich Insurtechs rasant zu wichtigen Marktteilnehmern entwickelt. Insurance trifft auf technology. Der Name ist Programm. Von den Produkten bis zum Vertrieb arbeiten Insurtechs digital. Ihre Herangehensweise ist in der eher konservativen Branche eine Disruption an sich. Angebote entstehen in neuartigen Design-Thinking-Prozessen, die Bereitschaft, neue Wege zu beschreiten, ist enorm. Das ist jedoch nicht ihr einziges Kapital. Die Gründe, warum sich Insurtechs immer mehr durchsetzen und den Markt auf den Kopf stellen, sind vielfältig.
Darum sind Insurtechs erfolgreich
Ob Vertrieb oder Risikobewertung – der entscheidende Faktor bei
Insurtechs ist Digitalisierung. Der Einsatz von modernen Technologien
wie KI-Modellen ermöglicht es, in der Versicherungsbranche ganz neu zu
denken. Und das machen sich die Start-ups zunutze. Gründe für den
Erfolg, die sich daraus ableiten, gibt es verschiedene. Allgemein lässt
sich sagen, dass digitale Technik allein noch nicht erfolgreich macht.
Es kommt darauf an, sie intelligent zu nutzen. Im Folgenden stellen wir
dir die drei wesentlichen Aspekte für den Erfolg von Insurtechs genauer
vor.
Predictive Analytics & Big Data
Schon seit jeher ist die Risikobewertung ein entscheidender Punkt, wenn es darum geht, Versicherungstarife wirtschaftlich zu gestalten. Digitale Methoden eröffnen hier ganz neue Möglichkeiten. Predictive Analytics steht für vorausschauende Analysen. Mit Hilfe von KI und fortschrittlichen Algorithmen versuchen Insurtechs, Risiken individuell viel präziser abzuschätzen. Das Ergebnis sind maßgeschneiderte Tarife. Die reduzieren auf der einen Seite die Risiken für den Versicherer. Auf der anderen Seite sind sie preislich häufig attraktiv, sodass sie auch für potentielle Kundinnen und Kunden ein wichtiges Argument sind.
Ein in diesem Zusammenhang ebenfalls häufig genutztes Schlagwort ist Big Data. Im Datenschatz von Unternehmen sind wertvolle Informationen enthalten, um die eigenen Produkte noch weiter zu verbessern. Die Herausforderung besteht jedoch darin, diese Erkenntnisse aus der riesigen Datensammlung zu gewinnen. Auch hier sind viele Insurtechs erfolgreich – weil sie bereit sind, diese neue Technologie anzuwenden. Apropos Daten und Digitalisierung: Manche Start-ups konzentrieren sich auch auf Nischenprodukte, die neu entstandene Risiken abdecken. Das gilt beispielsweise für das Segment Cyberversicherungen.

Insurance on Demand
Neuerungen sind ohnehin ein wichtiges Thema bei Insurtech-Start-ups. Häufig beziehen sie sich gar nicht auf das klassische Kerngeschäft, sondern erweitern das Geschäftsmodell. Bestes Beispiel sind digitale Portal-Angebote wie wefox. Mit Bots und digitalen Videochats deckt das Start-up die gesamte Customer Journey ab – von der Neuversicherung bis zum Vertragswechsel.
Ein ganz anderes Beispiel ist Appsichern mit seinem Insurance-on-Demand-Angebot. Das heißt: Versicherte haben die Möglichkeit, die Versicherung spezifisch nach ihrem Bedarf zu aktivieren oder zu deaktivieren. Die situativen Versicherungen lassen sich – ebenfalls eine Revolution auf dem Versicherungsmarkt – mühelos über eine App verwalten.
Diese Geschäftsmodelle sind nicht nur den modernen Lebensrealitäten vieler Menschen angepasst. Sie zeichnen sich darüber hinaus durch besondere Effizienz aus. Das verschafft den Insurtechs gleich zwei relevante Wettbewerbsvorteile.
Innovative Vertriebswege
Eine weitere große Veränderung, mit denen Insurtechs den Markt auf den Kopf stellen, sind die innovativen Vertriebswege. Sie lösen sich fast vollständig von klassischen Vertriebsmodellen und haben ein enormes Potential. Im Detail funktionieren sie ganz unterschiedlich, basieren aber alle auf einer digitalen Strategie. Zu den wichtigsten Vertriebswegen von Insurtechs zählen:
- App-basierte Angebote
- Social Media Marketing
- KI-Funktionen rund um die Uhr
- Neocarrier als Multiplikatoren
Versicherung über die App
Ein unübersichtlicher Haufen Papier auf dem Schreibtisch versus alle Dokumente übersichtlich in der Hosentasche – stärker könnte der Kontrast zwischen traditionellem und modernem Ansatz nicht sein. Auch wenn es in vielen Branchen längst üblich ist, sind App-Lösungen bei Versicherern immer noch Mangelware. Ganz anders ist es bei Insurtechs, die das Smartphone nicht nur als Verwaltungs-Tool nutzen, sondern auch für den Vertrieb. Über die mobile App lässt sich bei vielen Start-ups mit wenigen Klicks ein Neuvertrag abschließen oder eine Änderung vornehmen. Unterstützt wird das durch Technologien wie Chatbots, die den Kundinnen und Kunden bei der Auswahl geeigneter Tarife helfen.
Soziale Medien als Vertriebskanal
Noch früher im Sales-Funnel setzen Social-Media-Kampagnen an. Sie
generieren Brand Awareness, schaffen Sichtbarkeit und leiten im
Idealfall direkt weiter zum Anbieter. Wefox zeigt, dass in diesem
Bereich auch unkonventionelle Maßnahmen greifen, etwa Memes, die an
Themen aus der Welt der Versicherungen angepasst sind. Interessant ist,
dass Instagram-Marketing insbesondere im B2C-Bereich sehr erfolgreich
ist, während viele Insurtechs sich sonst vornehmlich auf den B2B-Bereich
konzentrieren.
KI-Betreuung rund um die Uhr
Ein entscheidendes Merkmal von Insurtechs ist, dass sie nicht auf Geschäftsstellen setzen. Entsprechend arbeiten sie deutlich kosteneffizienter. Trotzdem bieten sie Kundenservice, und zwar digital. Realisiert wird das häufig mit KI-Technologien. Die intelligenten Bots sind in der Lage, Kundenwünsche zu erkennen und Fragen zu beantworten. Das ermöglicht eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung von bestehenden und potentiellen Kundinnen und Kunden. Dieser Service dient zur Pflege der Kundenbeziehungen und ist darüber hinaus Teil des Vertriebs. Die höchsten Automatisierungsgrade bestehen zwar bisher bei Vertragsänderungen im Self-Service. Es gibt aber zahlreiche Ansätze, auch das Neukundengeschäft zu automatisieren und auf Knopfdruck den perfekten Vertrag zu finden.
Neocarrier
Eine wichtige Rolle im Vertrieb für Insurtechs nehmen zudem die sogenannten Neocarrier ein. Dabei handelt es sich um Portale, die meist anbieterübergreifend aufgestellt sind. Sie stellen Technologien wie KI-Funktionen und Self-Service-Plattformen zur Verfügung, zum Teil als Adaptionen von innovativen Insurtechs. Durch ihre Popularität bilden sie eine effiziente Schnittstelle zwischen Kundinnen und Kunden auf der einen und Anbietern auf der anderen Seite. Um einen unserer Geschäftsführer zu zitieren: "Neocarrier sind die Flagschiffe unter den Insurtechs". Das sagte Ingolf Putzbach bereits 2021 im Interview mit der Versicherungswirtschaft heute.