Technische Revolution für Versicherungen
Die Digitalisierung hat Auswirkungen auf nahezu jede Branche. Allerdings scheint es bei Versicherungsunternehmen etwas länger zu dauern, bis sie technologische Neuerungen und digitale Ansätze umsetzen. In diesem Artikel gehen wir auf die veränderten Anforderungen von Kunden und Kundinnen durch die Technische Revolution ein. Zudem zeigen wir, welche Vorteile die Digitalisierung der Versicherungsbranche bringt und welche Hürden es zu überwinden gilt.
Wie digital sind wir schon?
Im Gegensatz zu vielen anderen Branchen hat die Versicherungsbranche etwas länger gebraucht, um digital zu werden. Doch auch hier hat die technische Revolution schließlich Einzug gehalten. Eine Studie zeigt, dass vor allem bei den Verbrauchern und Verbraucherinnen die Nachfrage recht hoch ist. 71 % sollen bereits irgendeine Art der digitalen Recherche betrieben haben, ehe sie sich für eine Versicherung entschieden haben. Außerdem sollen 26 % der befragten Verbraucher und Verbraucherinnen online Versicherungspläne angefordert haben (Quelle: Statista).
Es ist vor allem die jüngere Generation – die sogenannten Millennials – die mehr und mehr Interesse an digitalen Lösungen auch in der Versicherungsbranche zeigen. Von der Gen Z erzählen wir übrigens ausführlich in diesem Artikel: Gen Z und Versicherungen – Der ultimative Guide. Doch wie steht es um die Branche selbst? Wie sind Versicherer bislang aufgestellt?
Es hat in Deutschland lange gedauert, bis die technische Revolution auch in der Versicherungsbranche angekommen ist. Immerhin ist schon allein der Begriff der Revolution etwas, was nur wenig zur der stabilen, Sicherheit vermittelnden und konservativen Branche passt.
Jedoch verändert sich das Konsumentenverhalten stetig. Zudem drängen digitale Technologien geradezu darauf, rege im Unternehmensalltag eingesetzt zu werden. Vertrieb, Marketing und Co. – viele Branchen haben es vorgemacht und die Versicherungsbranche zieht jetzt mit.

Diese Veränderungen erwarten uns
Die technische Revolution hat bereits in vielen Branchen zu Veränderungen geführt und die Versicherungswirtschaft motiviert. Folgende Faktoren machen es nötig, auch weiterhin über digitale Veränderungen nachzudenken:
- Die Erwartungen von Kunden ändern sich und steigen insbesondere in Bezug auf digitale Angebote.
- Herkömmliche Wertschöpfungsketten werden aufgebrochen.
- Zusätzliche Wettbewerber und Wettbewerberinnen tun sich hervor.
- Der technologische Wandel erfolgt in immer rasanterem Tempo.
Durch diese Aspekte kommt es dazu, dass mehr und mehr Unternehmen ihre Geschäftsmodelle hinterfragen, sich Gedanken über ihre Arbeitsweisen, interne Prozesse und Strukturen machen. Die gesamte Wertschöpfungskette wird in Bezug auf die technische Revolution überdacht.
Welche Chancen birgt die Digitalisierung noch?
Konsequent digital: Junge Menschen haben heute schon eine enorme Kaufkraft - sie sind darüber hinaus die gut zahlenden Kunden der Zukunft. Deshalb gilt es, auch auf den Kanälen verfügbar zu sein, auf denen diese Zielgruppe aktiv ist. Versicherer können sich mit der Teilhabe auf sozialen Medien - allen voran Tik Tok - die Aufmerksamkeit und Treue der Zielgruppe von morgen sichern.
Wer auf Social Media und Co. vertreten ist, kann junge Menschen genau dort abholen, wo sie sich aufhalten. Die Gen Z ist mit 90,3 % mehrmals wöchentlich die in sozialen Medien aktiv. Unter den Millennials sind es noch 83 %. Durch eine aktive Teilhabe am alltäglichen Leben dieser Generationen lassen sich neue Kunden gewinnen, höhere Umsätze generieren und eine Basis für die Zukunft legen (Quelle: Statista).
Flexibilität durch Digitalisierung
Viele Kunden und Kundinnen sehen es als selbstverständlich an, dass sie auf gewisse Services zu jeder Zeit und von überall aus zugreifen können. Das Internet hat es möglich gemacht und Amazon und Co. als Wegbereiter bringen andere Firmen in einen gewissen Zugzwang. Insbesondere junge Zielgruppen legen darüber hinaus großen Wert auf hochwertige, langlebige, innovative und nachhaltige Produkte - im Gegensatz zu den Millenials sind sie allerdings nicht besonders markentreu oder lassen sich gar von großen Brands beeindrucken (Quelle: BR24).
Damit Versicherer wettbewerbsfähig und für ihre Kunden und Kundinnen attraktiv bleiben, müssen sie dieses Maß an Flexibilität zumindest in den Grundzügen an den Tag legen. Das betrifft im Übrigen nicht nur die jüngere Generation – auch viele Menschen mittleren Alters sind nahezu täglich im World Wide Web unterwegs und nutzen digitale Services. Da das geforderte Maß an Flexibilität nur mit der nötigen IT-Infrastruktur möglich ist, liegt es an den Unternehmen, für Veränderungen zu sorgen, um die Digitalisierung in der Versicherungsbranche voranzutreiben.

Das Update für Kundenbindung
Parallel zu einem flexiblen Produkt und einem intuitiven digitalen Zugang gilt es den Vertrauensvorschuss des Nutzers oder der Nutzerin zu gewinnen. Wesentliche Gründe für Vertrauen in Finanzmarken sind:
- ein hohes Datenschutzniveau
- die Möglichkeit informierte und selbständige Entscheidungen zu treffen
- keine negativen Nachrichten zur Marke
- nachweislich bedürfnisorientierter Kundenservice
- Bei Banken: Zweigstelle in der Nähe
Quelle: EY
Ist der Vorschuss gewonnen, gilt es dies in einer möglichst langjährige Geschäftsbeziehungen zu festigen. Auch bieten sich viele Möglichkeiten für die Versicherungsbranche durch die Digitalisierung.
Durch digitale Lösungen ist es heute einfacher denn je, einen guten Kontakt zu potenziellen und Bestandskunden aufzubauen. Dank praktischer Apps für das Smartphone und anderen Optionen fühlen sich Verbraucher nachweislich besser informiert und verstanden.
In diesem Zuge ist die Technologie der Conversational AI zu nennen. Chatbots übernehmen automatisch die Kommunikation mit Kunden und kommunizieren menschenähnlich. Unternehmen sind so in der Lage, Anforderungen und Erwartungen ihrer Kunden und Kundinnen schneller und effizienter aufzunehmen und zu bearbeiten - ohne einen Kundenservice mit mehreren Hundert Mitarbeitenden zu betreiben.
Digitalisierung verändert die Nachfrage
Es sind nicht nur eine umfassende Verfügbarkeit oder der persönliche Kontakt mit einem Unternehmen, die für Kunden und Kundinnen eine so große Rolle spielt. Versicherer müssen weitaus mehr Anforderungen erfüllen, als einfach möglichst zu jeder Zeit flexibel erreichbar zu sein. Vor allem Millennials fordern im Zuge der Digitalisierung der Versicherungsbranche verstärkt Themen wie:
- Einbettung in eine Community
- Engagement
- Personalisierung
Diese relativ neuen Kundenerwartungen zeichnen sich bereits deutlich ab. Sie fordern einen gewissen Standard.
Vom Produktverkäufer zum Lösungsbringer
Vielen Verbrauchern und Verbraucherinnen geht es nicht mehr nur um die Absicherung gegen bestimmte Risiken, wenn sie eine Versicherung abschließen. Eine neue Zeit bringt ganz neue Herausforderungen und Ansprüche mit sich.
So möchten möglichst sicher in ihren eigenen vier Wänden leben, ihre Vermögensgegenstände wie Fahrzeuge oder Immobilien absichern und Schäden schnell beheben lassen. Bei einer Krankenversicherung beispielsweise geht es vor allem darum, möglichst lange gesund und fit zu bleiben.
Versicherungsanbieter fungieren daher nicht mehr nur als Produktverkäufer, sondern werden im Zuge der voranschreitenden Digitalisierung in der Versicherungsbranche mehr und mehr als Lösungsanbieter gesehen. Die Nachfrage diesbezüglich besteht immerhin. Kunden und Kundinnen streben nach gesammelten Services im Bündel, sodass sie komplett abgesichert und für jede Eventualität gewappnet sind.
Hierbei spricht man auch von sogenannten Ökosystemen. Eine Umfrage hat gezeigt, dass diese wesentlich attraktiver für Versicherungsnehmer und -nehmerinnen erscheinen als einzelne Versicherungen. Anbieter, die solche Bundle anbieten, gelten sogar noch als attraktiver als herkömmliche Versicherungsdienstleister.
Die Vorteile solcher Ökosysteme liegen auf der Hand. Verbraucher und Verbraucherinnen müssen sich selbst nicht mehr so viele Gedanken darüber machen, welche Einzelversicherungen sie überhaupt benötigen. Für Versicherungsgesellschaften ergeben sich jedoch ebenfalls Pluspunkte, weshalb sich solche Bundles auszahlen: Die Preissensibilität der zahlenden Kunden und Kundinnen sinkt und die Loyalität steigt mit der Zahl der gebuchten Services. Verbraucher und Verbraucherinnen werden weniger wahrscheinlich einen Wechsel in Betracht ziehen, wenn sie von einem Versicherer die volle Bandbreite an Versicherungen beziehen.
Teil des Ökosystems sind immer auch Contents, die den Beweis liefern, es mit Expertinnen und Experten für ein Thema zu tun zu haben - und das Vertrauen in die Produkte stärken. Hausrat versichern? Der Content zu Brandschutz- und Diebstahlprävention ist obligatorisch.
Warum also nicht in einem Tik Tok Kanal, die häufigsten Brandursachen erklären, auf Instagram Reals alltägliche Situationen zeigen, die Brände provozieren, in YouTube Videos deutlich machen, wie schnell ein Einbrecher eine einfache Tür öffnet?

Hürden der technischen Revolution
Die Versicherungsbranche gilt als besonders konservativ. Das ist auch der Hauptgrund dafür, warum die technische Revolution hier vergleichsweise spät eingesetzt hat. Im Jahr 2022 wurde beispielsweise untersucht, inwieweit das Thema Cloud Computing in der Versicherungsbranche umgesetzt wurde. Die Studie hat gezeigt, dass die meisten IT-Verantwortlichen bei Versicherungsgesellschaften Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Technologie gesehen haben.
Das liegt daran, dass sich die Regulatorik, Datensicherheit und Compliance – sehr relevante Themen in Bezug auf Versicherungen – nicht ohne Weiteres in die neuen Systeme übertragen lassen. Die Nutzung von Verbraucherdaten ist streng reglementiert. Vor allem dann, wenn es um eine Risikobewertung von Personen geht, können Daten nicht mir nichts, dir nichts verwendet werden.
Somit stellt die Regulatorik eine Hürde in der technischen Revolution dar. Die Versicherungsbrache steht unter einem gewissen Druck: Unternehmen möchten womöglich digitale Technologien einsetzen, müssen dies jedoch in Einklang mit Vorschriften zum Verbraucherschutz und zur Datensicherheit bringen. Daher schieben viele Firmen eine Umstellung auf die lange Bank. Jedoch gilt: Früher oder später müssen wir alle digital werden – nicht zuletzt aufgrund der Wettbewerbsfähigkeit.
Unser Fazit
Wie auch in vielen anderen Branchen ist die technische Revolution in der Versicherungsbranche angekommen. Während sich der Wandel hier etwas schwerfällig vollzieht, gibt es bereits viele spannende und innovative Beispiele. Es geht nicht mehr um das "ob", sondern um das "wie".
Der Aufbau technologischer Schulden aus den letzten zwei Jahrzehnten ist inzwischen für viele Unternehmen problematisch und sie suchen bereits nach Lösungen, haben Teilbereiche digitalisiert und die Budgets für technologische Revolution bereitgestellt. Es gibt viel zu tun!